Urteil des Monats September (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 24.07.2024 – 21 W 146/23)

I.Die Überschuldung des Nachlasses ist nicht als wertbildende Eigenschaft im Sinne des § 119 II BGB anzusehen.

II.Die konkrete Zusammensetzung des Nachlasses ist jedoch unter den Begriff der verkehrswesentlichen Eigenschaften zu subsumieren.

III.Dazu zählt etwa das Vorhandensein von Guthaben auf Spar- und Girokonten.

Das OLG Frankfurt befasste sich in dem Beschluss mit der Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft. Die Tochter der Erblasserin hatte ein Erbe zunächst ausgeschlagen, nachdem sie von einer Polizeibeamtin darüber informiert worden war, dass die Wohnung der Mutter vollkommen verwahrlost sei und in einer schlechten Gegend liege. Aufgrund negativer Erfahrungen in der Vergangenheit ging die Tochter daher davon aus, dass die Mutter „abgerutscht“ sei und schlug das Erbe aus. Nachdem Sie von einem Girokonto sowie einem Sparkonto mit einem Guthaben von rund 72.000 € erfuhr focht sie die Ausschlagung der Erbschaft an. Das Nachlassgericht hielt diese Anfechtung jedoch für unwirksam.

Das OLG Frankfurt a. M. entschied, dass die Tochter nach Anfechtung der Ausschlagung Erbin geworden sei. Zwar habe die Tochter das Erbe zunächst nach §§ 1942 ff. BGB wirksam ausgeschlagen mit der Folge, dass der Anfall der Erbschaft gemäß § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt galt. Sodann habe die Tochter ihre Ausschlagungserklärung jedoch fristgemäß und auch im Übrigen wirksam angefochten, so dass ihre Anfechtung gemäß § 1957 Abs. 1 BGB als Annahme gelte.

Die Ausschlagung der Erbschaft könne wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses gemäß §§ 1954, 119 Abs. 2 BGB angefochten werden. Erforderlich sei ein kausaler Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses. Ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft sei anzunehmen, wenn der Annehmende falsche Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, hinsichtlich des Bestandes an Aktiva oder Passiva habe. Eine Überschuldung des Nachlasses sei jedoch keine verkehrswesentliche Eigenschaft, denn der Wert sei, anders als die wertbildenden Faktoren, keine Eigenschaft einer Sache im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB.

Die Ausschlagung der Erbschaft könne wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses gemäß §§ 1954, 119 Abs. 2 BGB angefochten werden. Erforderlich sei ein kausaler Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses. Ein Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft sei anzunehmen, wenn der Annehmende falsche Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, hinsichtlich des Bestandes an Aktiva oder Passiva habe. Eine Überschuldung des Nachlasses sei jedoch keine verkehrswesentliche Eigenschaft, denn der Wert sei, anders als die wertbildenden Faktoren, keine Eigenschaft einer Sache im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB.

Die Tochter habe zum Zeitpunkt der Ausschlagungserklärung irrtümlich falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses unterlegen. Insbesondere irrte sie sich über das Vorhandensein der Guthaben auf Spar- und Girokonto. Dieser Irrtum war jedenfalls mitursächlich für ihre Erklärung, das Erbe auszuschlagen und beruhte auf den Informationen der Polizeibeamtin sowie der Erfahrungen aus der Vergangenheit, die sie davon abhielten, die Wohnung zu betreten. Zu dieser Überzeugung gelangte sie daher auch nicht aufgrund spekulativer und bewusst unsicherer Grundlage, sondern aufgrund der von ihr zusammengetragenen Tatsachen.

Was war sonst noch?

Der BGH entschied, dass das Aufheulen eines Motors nicht dazu führt, dass ein Fußgänger seine Arglosigkeit verliert (BGH Urt. v. 20.06.2024 – 4 StR 15/24).

Das AG München entschied, dass eine neuwertige Sache im Rahmen eines Deckungskaufs durch den Käufer nicht mit einer neuen Sache gleichzusetzen ist (AG München, Urt. v. 28.02.2024 , 161 C 23096/23).