III. Nach dem Gesetzeswortlaut ist davon auszugehen, dass diese Rechte nebeneinander bestehen können.
Der BGH befasste sich in dem Urteil mit der Forderung eines Kostenvorschusses gem. § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 1, 3 BGB. Die Klägerin machte eine Forderung aus einem Bauprojekt geltend. Die Beklagtenseite forderte die Klägerin im Wege der Widerklage zur Rückzahlung wegen überzahlter Vergütung aufgrund erklärter Minderung wegen Mängeln auf. LG und OLG vertraten jedoch die Auffassung, dass ein Teil der Mängel nicht zu einer Verkehrswertminderung führen würde und lehnten den Anspruch in dieser Höhe ab. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung eines Kostenvorschusses zur Selbstvornahme auf. Der BGH entschied, dass dies auch noch nach der erklärten Minderung möglich war.
Kostenvorschussansprüche seien nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagten wegen der Mängel zunächst die Minderung der Vergütung erklärten. Eine gesetzliche Regelung, wonach die Geltendmachung eines Kostenvorschussanspruchs ausgeschlossen sei, wenn der Besteller die Minderung des Werklohns erklärt habe, existiere nicht. Weder § 634 BGB noch §§ 637, 638 BGB würden regeln, in welchem Verhältnis das Recht des Bestellers auf Minderung der Vergütung und die ihm zustehende Befugnis zur Selbstvornahme sowie sein Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses stehen. Nach dem Gesetzeswortlaut sei vielmehr davon auszugehen, dass diese Rechte nebeneinander bestehen können.
Die gesetzgeberische Absicht spreche grundsätzlich dafür, dass die Geltendmachung eines Mängelrechts andere Mängelrechte nicht ausschließe. So habe der Gesetzgeber nur für den Fall des Schadensersatzes statt der Leistung (§ 634 Nr. 4, § 281 Abs. 1 BGB) ausdrücklich geregelt, dass der Anspruch auf Nacherfüllung (§ 634 Nr. 1 BGB) erlischt, sobald der Besteller Schadensersatz statt der Leistung verlangt (§ 634 Nr. 4, § 281 Abs. 4 BGB).
Der Senat habe es abgelehnt, diese ausschließlich § 634 Nr. 1 BGB betreffende Rechtsfolge auf die Befugnis zur Selbstvornahme und damit den Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 634 Nr. 2, § 637 BGB zu erstrecken (BGHZ 218, 1). Der Kostenanspruch diene dazu, dem Besteller die Nachteile und Risiken abzunehmen, die mit einer Vorfinanzierung der Mängelbeseitigung einhergehen. Wähle der Besteller Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes, könne er den Mangel beseitigen und die damit verbundenen Aufwendungen als Schaden vom Unternehmer erstattet verlangen.
Durch die Wahl des Schadensersatzes statt der Leistung anstelle der Selbstvornahme solle der Besteller nicht schlechter gestellt werden. Ein umfassender Ausgleich des verletzten Leistungsinteresses sei deshalb nur gewährleistet, wenn der Besteller – auch nach Wahl des Schadensersatzes statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes – weiterhin Vorschuss verlangen kann(BGHZ 218, 1). Diese Erwägungen müsstenentsprechend für das Verhältnis der Minderung zum Kostenvorschussanspruch gelten.
Wähle also der Besteller zunächst die Minderung, stehe es ihm ebenfalls grundsätzlich frei, zu einem späteren Zeitpunkt den Mangel zu beseitigen und zur Finanzierung der Aufwendungen einen Kostenvorschussanspruch geltend zu machen. Die Rechtsnatur der Minderung stehe dem nicht entgegen.
Durch die Minderung bringe der Besteller zum Ausdruck, dass er an der Beseitigung durch den Unternehmer kein Interesse mehr habe, das Werk aber behalten wolle. Damit sei der Anspruch auf Nacherfüllung und ein Rücktritt vom Vertrag ausgeschlossen. Ebenso ein Anspruch auf großen Schadensersatz, nicht jedoch der Anspruch auf kleinen Schadensersatz oder eben ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Selbstvornahme.